Dienstag, 31. Dezember 2013

Originalität, Kreativität und deren Ostkopie

Dass fortschrittliche Technik gerne in China auseinandergenommen, mit billigsten Methoden nachgebaut und dann wieder für wenig Geld auf den Markt geworfen wird, ist ja den meisten bekannt. Das gilt nicht nur für Technik, sondern beispielsweise auch für kulturelle Errungenschaften aus Architektur und Kunst. Gerade das Kopieren von Kunstgegenständen hat dort eine eigene Tradition. [1] Kopien von technischen Geräten und anderen Gegenständen aus China und Hongkong verursachen in Deutschland einen volkswirtschaftlichen Schaden von jährlich etwa 30 Milliarden Euro. [2]
Woran liegt das? Seit die Welt stärker vernetzt ist und kultureller Austausch stattfindet, bemühen sich unterentwickelte Länder, von den reichen Ländern zu profitieren. Jedes Land, nicht nur die armen Länder, möchte auch mit Hilfe besserer Technik Missstände beheben und wirtschaftlich erfolgreicher werden. Wenn es an Innovationen mangelt, gibt es die Möglichkeit, kreative Menschen aus fremden Ländern zu importieren, die einem auf die Sprünge helfen. Eine andere Option ist es, Industriespionage zu betreiben und somit auf weniger moralischem Weg an technologisches Wissen zu gelangen. Derartige Methoden sind weltweit verbreitet. Im westlichen Kulturkreis (europäisch geprägte Länder, d.h. Europa, Nordamerika, Australien) jedoch wird das als Diebstahl von Ideen angesehen. Das Stichwort ist Geistiges Eigentum. Urheberrecht, Copyright, Patent- und Markenschutz verhindern eine unkontrollierte Verbreitung von unterschiedlichen Werken. In China gibt es de facto keine vergleichbaren Einschränkungen oder Gesetze, die auch in angemessenem Maße durchgesetzt würden. Dementsprechend wird in unvorstellbaren Ausmaßen kopiert, nachgebaut, imitiert und plagiiert. Nicht nur Elektrogeräte, Computerteile, Hygieneprodukte, Fernsehsendungen, Spiele, Kleider oder Medikamente; ganze Firmen mit Fabriken, Forschungsabteilungen, Verkaufsnetzwerk und Büros werden nachgebaut. [3] Ortschaften leben von der Produktpiraterie. Und weil sie mit aller Gewalt den Preis niedrig halten müssen, um wirtschaftlich gegen die wahren Schöpfer anzukommen, sind die Produkte meist minderwertig und geben nach kurzer Zeit den Geist auf, oder führen im Falle von Lebensmitteln und Medikamenten zu ernsthaften bis tödlichen Gesundheitsschäden. [2]

Chinesische Unternehmen:
  • Nur 0,03 Prozent verfügen über eigene Technologie/Urheberrechte
  • 99 Prozent haben nie Patente beantragt
  • Knapp zwei Drittel haben kein eingetragenes Markenzeichen
(Pekinger Behörde zum Schutz des Geistigen Eigentums) [3]

Ein Grund dafür ist: In der chinesischen Gesellschaft gibt es keine besonders ausgeprägte Wertschätzung für ein Original, wie wir es verstehen. Es wird nicht in bedeutendem Ausmaß von Fälschungen und Plagiaten unterschieden. Im Gegenteil, Kopieren gilt in China als eigene Kunst und Zeichen der Wertschätzung und Huldigung für den kopierten Gegenstand. [1] Auch wenn die chinesische Regierung die Produktpiraterie offiziell nicht gutheißt, wird nichts ernsthaft dagegen unternommen. Also wird die Welt weiterhin mit Schrott überflutet. Die geplante Obsoleszenz tut dann noch ihr Übriges, wobei sie in den meisten Fällen vermutlich gar nicht notwendig ist, da die Geräte ganz von alleine sehr rasch verschleißen.

Die andere Seite der Medaille: Ein Original entsteht selten aus dem Nichts. Es baut immer auch auf dem Wissen von anderen auf. Ein Erfinder benutzt Methoden und Technik, die von anderen erfunden wurden und setzt sie neu zusammen. Wenn es jedem freisteht, die Werke anderer zu vervielfältigen, dann vermehren sich natürlich die Möglichkeiten. Manche sind der Meinung, dass das zu einer beschleunigten Entwicklung der Technologie führen würde und damit allen geholfen wäre. Aber wie wir gezeigt haben, ist das nur die halbe Wahrheit. Neben den oben genannten Folgen würde das nämlich auch dazu führen, dass der Anreiz, etwas neues und besseres zu erschaffen, geringer wird. Alle schauen nur noch, was die Nachbarn machen und imitieren es, aber verbessern es nicht. Die Konsequenz ist völlige Kreativlosigkeit, die durch eine bestimmte Form der Erziehung noch gefördert wird.

Das Fazit fällt moderat aus: Es muss ein Mittelmaß gefunden werden. Die Menschen brauchen die Möglichkeit, vom Wissen und den Erfindungen ihrer Vorgänger zu profitieren. Das Rad soll ja nicht zweimal erfunden werden müssen. Aber das grenzenlose Verbreiten und die Legitimierung von Fälschungen und Plagiaten zerstört Kreativität und verhindert Innovationen. Eine schöpferische Tätigkeit muss gewürdigt und mehr anerkannt werden, als ein bloßes Kopieren.

Beispiel: Herr Räuber nimmt ein Buch von Dr. Schneider, tauscht die Namen der Personen darin und den Titel aus und ändert den Umschlag. Dann verkauft er das Buch billiger. Er hat ja auch kaum Arbeit gehabt, also kann er sich das leisten. Dr. Schneider ist darüber wenig erfreut. Die Gewinne aus seiner Arbeit kommen nämlich nicht bei ihm an. Auch die Anerkennung für sein Werk geht nun zum Teil an einen anderen. Wenn Räuber das Buch von Dr. Schneider als Grundlage für ein eigenes Buch verwendet hätte, wäre das ein völlig anderer Fall. Dr. Schneider erhält die Anerkennung für sein Werk. Räuber war schöpferisch tätig und hat der Menschheit etwas neues gebracht, indem er auf vorhandenem Wissen aufgebaut hat. Dabei kann er auch Zitate verwenden, die ihm Stoff liefern, den er verarbeiten muss. Dieser Umgang mit Originalen ist in den meisten Ländern legal.
Fehlt jedoch ein solcher kreativer Prozess, findet keine Innovation statt und es handelt sich um eine Fälschung oder ein Plagiat, die nicht öffentlich verkauft werden dürfen. Der einzige Vorteil, den ein Plagiat haben kann, ist der niedrige Preis. Ärmere Leute (die es in China zuhauf gibt) können sich damit vielleicht Fälschungen von Schuhen der Marke Adolf Dasslers oder seines Bruders leisten. Aber dass billig nicht gleich preiswert bedeutet, ist offensichtlich. Die Passform ist orthopädisch bedenklich, Feuchtigkeit vom Boden kommt bald ungehindert in den Schuh, Sohlen sind schnell durchgelaufen oder brechen vom Schuh ab, das Gummi wird brüchig und enthält giftige Chemikalien, die Senkel reißen. Insofern ist der Preis meist kein wirklicher Vorteil. Wer jedoch kaum Geld hat, kann sich das nicht aussuchen. Die Verbreitung der Fälschungen löst dieses Problem allerdings auch nicht.

Eine moralische Grauzone sind Kopien, die als solche gekennzeichnet oder erkenntlich sind. Die Frage lautet: Darf man ohne Einwilligung des Urhebers ein Gerät oder ein Buch 1:1 kopieren und vermarkten, wenn man es als Kopie kennzeichnet? Nach deutschem Recht ist auch das nicht erlaubt, weil damit der Schöpfer seines geistigen Eigentums beraubt und gegen das Urheber- oder Patentrecht verstoßen wird. Dennoch ist das ein Punkt, über den es sich nachzudenken lohnt, da durch eine Erlaubnis der Verbreitung von Kopien beispielsweise die Verfügbarkeit von Wissen für alle erhöht werden könnte. Nur: Darf man das über den Kopf des Urhebers hinweg entscheiden?


Quellen und weiterführende Seiten:
1. Das Geschäft mit der Fälschung - Fälschungen aus China
2. Welt der Wunder - Gefährliche Plagiate
3. Urheberrechte in China - Im Schattenreich der Mitte
WISO - Wie Chinesen fälschen, nachbauen und kopieren
Wirtschaftswoche: Zoll beschlagnahmt immer mehr Fälschungen

Mittwoch, 27. Februar 2013

Wo Politik und Spiele kollidieren

In der Süddeutschen erschien ein Artikel von einem Pascal Paukner, der folgenden Titel trägt: "Sexismus in Videospielen - Wo Feminismus als "Terrorismus" gilt". Was meint er mit den Anführungszeichen? Gilt Feminismus in diesem Satz als Terrorismus, oder nicht? Oder wen zitiert er? Schreiben das die Spieler?
"Die Videospielbranche wäre gerne eine der modernsten Industrien der Welt. In ihren Spielen konserviert sie aber ein Frauenbild aus vergangenen Jahrhunderten. Wer daran etwas ändern will, stößt auf den erbitterten Widerstand organisierter Gamer. Manche drohen sogar mit Vergewaltigung und Mord."
Mit dieser Pauschalisierung sind die Spieleentwickler gemeint. Wer das im einzelnen ist, bleibt unklar. Hier wird behauptet, dass in Spielen ein überholtes Frauenbild konserviert wird. Und sofort wird emotionalisiert. Es fallen Reizworte wie Vergewaltigung und Mord. Man findet im Internet zu jedem beliebigen Thema emotionale Diskussionen, in denen einzelne Personen ihre Contenance nicht wahren konnten und ausfallend oder bewusst beleidigend wurden. Das ist allgemein bekannt, aber wird hier genutzt, um den Leser gegen diese angeblich organisierte Gruppe von Gamern aufzuhetzen. Ich vermute, dass Paukner sich diese Gruppe aus den Fingern gesogen hat, um ein Feindbild zu haben. Eine Verschwörung.
"Fast könnte man den Eindruck gewinnen, alles wäre in bester Ordnung: Auch Frauen spielen inzwischen Computerspiele. 10,8 Millionen sollen es laut einer Studie der Gesellschaft für Konsumforschung in Deutschland sein. Das entspricht einem Frauenanteil von 44 Prozent."
Seiner Meinung nach besteht also die beste Ordnung darin, dass Frauen alles genau so wie Männer machen. Ob sie wollen oder nicht!
Was aus seinen Zahlen nicht deutlich wird, ist die Tatsache, dass Frauen größtenteils einen etwas anderen Geschmack haben, was Spiele betrifft. Sie spielen typischerweise keine Egoshooter, keine Wettbewerbsspiele, in denen es Sieg oder Niederlage gibt, sondern Spiele, die Kommunikation, Fantasy, Romantik und Zwischenmenschliches beinhalten. Auch Casual-Games und Browser-Games sind bei vielen beliebt und alles was man so nebenbei mal spielen kann. Bei Strategiespielen tendieren sie eindeutig mehr zu den Siedlern, als beispielsweise zu dem eher taktisch anspruchsvollen Command & Conquer.
"Fünf solcher typischen Rollenbilder, in die Frauen von Computerspiele-Entwicklern immer wieder gezwängt werden, hatte Sarkeesian vorab identifiziert. Frauen als sexy Handlagerinnen [sic!] oder Schurkinnen, Frauen in der Rolle des kämpfenden Sexobjekts, Frauen als Hintergrunddekoration und Frauen als jungfräuliches Wesen. In den Videos wollte sie aufklären und erklären, warum solche Darstellungen ein Problem sind und welche Klischees sie befördern."
Spieleentwickler drängen Frauen in Rollen? Völliger Unsinn. Genau so wenig drängen sie Männer in Rollen. Ein Entwickler erschafft Phantasiewelten, in denen sich der Spieler wohlfühlen soll. Denn wenn sich Spieler wohlfühlen, kaufen sie Spiele. Bei männlichen Spielfiguren lassen sich ebenfalls solche wiederkehrenden Rollenbilder feststellen, aber naturgemäß mit anderer Betonung.
Wir haben gezeigt, dass Frauen andere Spiele bevorzugen. Ebenso haben Männer ihre Präferenzen. Diese sind biologisch bedingt, wie Harald Eia es in seiner Reportage "Das Gleichstellungsparadox" dargelegt hat. Es ist nicht primär die Gesellschaft, die uns ihre Rollen aufzwingt. Es sind die Menschen, die auf ihrer biologischen Grundlage handeln und die Gesellschaft prägen. Bestimmte Stereotypen werden von bestimmten Zielgruppen innerhalb der Computerspieler bevorzugt. Deshalb existieren sie. Jeder Film lebt von Stereotypen, oder aber dem bewussten Bruch mit Stereotypen, der ein interessantes Element darstellen kann, aber nur wenn Stereotypen auch existieren. Menschen wie Paukner und Personen die Ideologien wie Gender Mainstreaming vertreten, sehen aber nicht die Interessen der Spieler, sondern wittern Diskriminierung durch die Spieleentwickler.
"Als hätte Sarkeesian noch eine Bestätigung für ihre These gebraucht, dass die Videospielwelt noch immer eine männerdominierte ist, krochen plötzlich aus allen möglichen Ecken des Internets diejenigen, die genau diese alte Welt erhalten wollen. Was auf ihrer Webseite, auf YouTube und in Foren zu Tage trat, war kein lächerlicher Shitstorm, sondern Hass. Hunderte sexistische, rassistische und antisemitische Kommentare liefen auf. Auf ihre Website wurden DDos-Attacken gefahren. Ihr Wikipedia-Eintrag wurde mit Pornobildern und Verleumdungen verunstaltet, ihr YouTube-Kanal als "Terrorismus" gemeldet. Schließlich wurde ihr mit Vergewaltigung und Mord gedroht. Screenshots der Angriffe wurden in Gaming-Foren veröffentlicht und wie Trophäen herumgereicht. Was Sarkeesian traf, war nicht der Hass einzelner Verwirrter, sondern koordinierte Attacken aus Teilen der Gaming-Szene."
Männer dominieren also die Videospielwelt und unterdrücken Frauen. Ja, das Patriarchat eben, das überall lauert. Dieser Absatz ist gefüllt mit irrationaler Stimmungsmache. Es werden Internet-Trolle, die aus der Anonymität heraus Blödsinn machen, mit seriösen Kritikern in einen Topf geworfen. Der Leser soll den Unterschied nicht mehr erkennen und sich auf die Seite der Möchtegern-Weltverbesserer schlagen.
"Das ist kein Einzelfall. Als kürzlich auf einer der größten Computerspielmessen der Welt, der E3 in Los Angeles, die schwarze Schauspielerin Aisha Tyler für den Spielehersteller Ubisoft auf einer Pressekonferenz auftrat, dauerte es nur Sekunden, bis sich in den Gaming-Foren Hass breit machte. "Das kommt davon, wenn die Industrie von Juden und Linken infiziert wird, die dann 'Diversität' und 'Fortschritt' bringen. Lasst sie nicht unsere Spiele töten!", war zu lesen. Nur weil da jemand auf der Bühne stand, der nicht in das Bild des weißen, männlichen Computerspielers passen wollte."
In Gaming-Foren schreiben also hasserfüllte Rechtsradikale, die Schwarze nicht von Juden unterscheiden können. So ist das also.
Wer sich gegen Diversität richtet, ist nicht der Spieler oder der Entwickler. Spieler wollen nicht immer das gleiche vorgesetzt kriegen, sie wollen Abwechslung. Und Entwickler wollen das, was der Spieler will. Aber manche sind eben gegenüber dieser Freiheit intolerant und wollen genau vorschreiben, wie ein Spiel auszusehen hat.
 Dieser ganze Artikel vermittelt eine Botschaft: Es muss gesellschaftlicher Druck auf Spieleentwickler ausgeübt werden, damit weibliche Spielfiguren männliche Rollen einnehmen. In der Praxis sehen solche Bemühungen meist so aus, dass Frauen in allen Belangen über die Männer gestellt und bevorzugt werden (siehe Frauenquote). Und alle, die das nicht gut finden, sind hasserfüllte Rechtsradikale. Diese einseitige Bevorzugung (auch positive Diskriminierung genannt) wird dann so verkauft, als wäre sie nur ein Ausgleich für sonstige Benachteiligungen. Die aber sind wiederum größtenteils der Phantasie oder Vergangenheit entsprungen. Da stellt sich doch glatt die Frage, wer hier tatsächlich nach veralteten Mustern denkt.

Die zweite Seite des Artikels beginnt schon mit einer Überschrift, die sich gewaschen hat: "Manifest gegen Rassismus, Homophobie und Sexismus"
Das Manifest kennen wir ja schon von Marx und Engels. Damit wird auch schon klar, wes Geistes Kind der Autor ist.
"Man könnte es sich leicht machen und die Angreifer als typischen Bodensatz des Internets relativieren - und damit akzeptieren. Das hieße aber, die Computerspielhersteller zu früh aus ihrer Verantwortung zu entlassen."
Klar, wer sich gegen erzwungene feministische Gleichmacherei und Bevormundung stellt, ist Bodensatz des Internets. Und die Hersteller der Spiele sind in der Verantwortung, diese Ideologie den Spielern schmackhaft zu machen. Ob sie wollen, oder nicht!
"Wer sich 2012 noch immer nicht zu schade ist, neue Games mit halbnackten Messehostessen anzupreisen, wer noch immer wie in "Hitman: Absolution" Computerspiele entwickelt, in denen ein einziger Mann acht schwer bewaffnete Latex-Killer-Nonnen tötet, und wer Lara Croft, die Protagonistin einer der bekanntesten Videospielserien der Welt, zwar entsexualisiert, sie aber gleichzeitig nur knapp einer Vergewaltigung entgehen lässt, der scheint kein großes Interesse an einem modernen Frauenbild zu haben."
Da scheint sich eine neue Welle der Prüderie anzubahnen. Mag ja sein, dass Paukner und seinen Gesinnungsgenossen die Ästhetik des menschlichen oder speziell des weiblichen Körpers zuwider ist, aber das gilt eben für die meisten Menschen nicht.
Hitman ist natürlich ein Paradebeispiel für ein regelrechtes Killerspiel. Dass in einem Trailer zu so einem Spiel Gewaltszenen vorkommen, ist zu erwarten. Dabei kommt der Held des Spiels selbstverständlich sehr gut weg. Es geht ja um den Werbe-Effekt. Woran sich der Autor hier stört, ist die Tatsache, dass Frauen hier auch mal als Gewaltopfer dargestellt werden. Dabei berücksichtigt er nicht, dass Männer nicht nur in Computerspielen und Filmen, sondern auch in der Realität ein vielfach höheres Risiko tragen, Opfer von Gewalttaten jeder Art zu werden. Diese Darstellung im Trailer von Hitman Absolution ist also eher eine absolute Ausnahme. Aber man muss dazusagen, dass diese Frauen trotz ihrer Kleidung in ihrer Vorgehensweise ein sehr maskulines Auftreten haben und in der Geschichte des Spiels nicht die Opfer sind, sondern Aggressoren.
Was will uns der Autor aber mit seiner Vorstellung eines neuen Frauenbilds sagen? Offenbar etwas anderes als das hier:


"Warum aber ist es, wie es ist? Mathias Fuchs ist Medientheoretiker an den Universitäten in Potsdam und Manchester und hat eine einfache Erklärung für das Phänomen: "Die Branche ist noch immer sehr männerdominiert. Die Entscheidungsträger sind quasi zu 95 Prozent Männer", sagt der Wissenschaftler."
Warum ist es, wie es ist? Manchmal sind einfache Erklärungen eben nicht ausreichend. Warum gibt es unter den Spieleentwicklern und Programmierern so viele Männer? Lässt man Frauen nicht an den Code ran? Nein, jeder kann mit Materialien aus dem Internet oder einem guten Buch programmieren lernen. So etwas wie eine Gläserne Decke existiert nicht. Es gibt nur eine einzige Voraussetzung: Wirkliches Interesse! Und genau daran scheitert es häufig.
"Noch wesentlicher sei aber, dass die meisten Programmierer zwischen 18 und 28 Jahre alt seien. Die Fähigkeit, zu hinterfragen, welche Stereotype sie reproduzierten, sei oft nur eingeschränkt vorhanden."
Nun gut, im Laufe des Lebens können sich besonders bei wankelmütigen oder ganz besonders offenen Menschen Interessen und Ansichten ändern, das muss auch nichts negatives sein, aber 27-jährigen Männern pauschal die Fähigkeit abzusprechen, zu wissen was sie tun, ist doch sehr anmaßend. Wie alt wird wohl Herr Paukner selbst sein, dass er die Situation so trefflich beobachten kann?
Wenn man diese Art von Diskussionskultur beim Studium von Politik- und Kommunikationswissenschaft erlernt, dann sollte man noch einmal ernsthaft darüber nachdenken, was man mit dieser Zeit hätte besseres anfangen können. Vielleicht ein gutes Spiel spielen.
"Bewegungs-, Musik- und Tanzspiele haben dazu beigetragen, dass heute fast die Hälfte der Spielerinnen weiblich ist. Ebenso der Popularitätszuwachs von Browsergames, gefördert durch den Boom des Social Webs. Das sind aber häufig Spiele, die ohne besonders ausgeprägte Story auskommen, weil sie zum Zeitvertreib für zwischendurch oder als Gemeinschaftserlebnis mit Freunden gedacht sind."
Die Hälfte der Spielerinnen ist weiblich? Das stimmt nicht. Alle Spielerinnen sind weiblich. Aber nicht alle Spieler. Und genau die oben aufgezählten Genres sind es eben, die weibliche Spieler normalerweise bevorzugen. Niemand zwingt sie. Es macht ihnen einfach Spaß!
"Viele männliche Gamer lehnen einen solch dumpfen Sexismus inzwischen ab."
Dumpfen Sexismus lehnen wohl die allermeisten ab. Ich habe aber die begründete Befürchtung, dass der Verfasser überall dort Sexismus wittert, wo es klar erkennbar ist, wer eine Frau und wer ein Mann ist.
"Im vergangenen Dezember stellten Computerspielerinnen ein sehenswertes Manifest auf YouTube, in dem sie ihre männlichen Mitspieler auffordern, sie nicht wie den letzten Dreck zu behandeln. Ihr Appell: "Sei nicht rassistisch. Sei nicht homophob. Sei nicht sexistisch"."
Das lustigste daran ist der Youtubename dieser Computerspielerinnen: SexyNerdGirlPresents


Die inhaltliche Weiterentwicklung von Computerspielen in allen Ehren. Es ist auch schön und gut, wenn sich Entwickler finden, die Frauen als Zielgruppe mehr ansprechen, als es bisher der Fall war. Aber deshalb Spiele zu verdammen, die sich durch ihr Konzept explizit an männliche Spieler richten, die ja immer noch die Mehrheit darstellen, ist grober Unfug.

Links

Dienstag, 26. Februar 2013

Die Feministinnen von Himmelsrand

Das Spiel The Elder Scrolls V: Skyrim handelt in einer Phantasiewelt. Was den Stand der Technik und die kulturellen Umstände betrifft, handelt es sich um eine mittelalterliche Gesellschaft. Es gibt verschiedene Rassen, wie man sie aus The Elder Scrolls kennt. In Skyrim scheinen sämtliche Berufe eine Frauenquote eingeführt zu haben. Es gibt insgesamt zur Zeit die Tendenz, die Inhalte von Computerspielen durch politische Ideologien (z.B. Gender Mainstreaming) zu beeinflussen, anstatt die Inhalte nach den Bedürfnissen der Spieler auszuwählen. Diese Einflussnahme geschieht häufig indirekt und durch vorauseilenden Gehorsam. Ich kann mich nicht erinnern, von Frauen aus Oblivion Sprüche wie diese gehört zu haben:
  • Ich hoffe, Ihr seht mich so an, weil Ihr etwas kaufen wollt. (Impliziert anzügliche Blicke)
  • Svana Fern-Schild: Also sitze ich hier fest, während diese Schweine, die sie Kunden nennt, mich begrabschen und die widerlichsten Dinge zu mir sagen.
Olfina Grau-Mähne: Ich weiß, als Frau hat man es in Himmelsrand
nicht immer leicht. Aber bleibt stark, dann werden Euch die Männer
allmählich respektieren und vielleicht sogar fürchten.
Katla: Mein Mann kümmert sich um die Arbeit drinnen.
Ist auch besser so ... hier draußen würde er sich nur verletzen.
Snilling (Katlas gebrochener Mann): Meine Brüder wären entsetzt,
würden sie sehen, dass eine Frau ihren Mann übertrifft
- ich jedoch nicht. Ohne Katla würde hier nichts laufen.
Selten in der wirklichen Welt: Ein weiblicher Bergarbeiter.
Genauer gesagt, die Chefin einer Mine. Sie hat von ihren
Bergmännern keine hohe Meinung. Tatsächlich sind bei
ihr 2 Bergmänner und 2 Bergfrauen angestellt.
Olfina: Es gibt nichts, was ein Mann tun kann, was ich nicht besser könnte,
ob es nun um das Servieren von Getränken oder das Erschlagen von Trollen geht.
Ein Recke wird von seiner Schildmaid erschlagen.
Der Barde wird für diese unrealistische Ballade
durch die Macht der Magie bestraft.

Donnerstag, 21. Februar 2013

Westliche und östliche Spiele

Computerspiele spiegeln bis zu einem gewissen Grad die Gesellschaft wider, aus der sie stammen. Weltweit unterscheidet man zwischen westlichen (Europa, Amerika) und östlichen (Asien, v.a. Japan) Computerspielen. Diese unterscheiden sich typischerweise in einigen charakteristischen Punkten. Nationale Unterschiede sind wegen der Globalisierung des Marktes nur noch schwer auszumachen. Dennoch gibt es sie. So findet der amerikanische Spieleentwickler Bob Bates, dass deutsche Spiele zu kompliziert sind und man zu lange braucht, um sich darin zurecht zu finden. Die deutschen Fans sehen das möglicherweise anders und schätzen die Komplexität der Spielwelt. Für Konsolenfreunde sind solche Spiele wohl weniger geeignet. Regionale Unterschiede in der Spieleentwicklung bilden einen fruchtbaren Boden für neue Ideen, deshalb ist eine Auflösung der Unterschiede und eine Globalisierung für die Kreativität und künstlerische Vielfalt nicht unbedingt förderlich. Für den Markt natürlich schon eher, weil er lieber Einheitsbrei verkauft, der überall ein kleines bisschen ankommt, anstatt Spiele, die aufgrund ihrer Individualität besonders gerne in bestimmten Regionen gespielt werden.
Am deutlichsten sind heute noch die Unterschiede von West und Ost zu erkennen. Es folgt eine kleine Auflistung, die möglicherweise nicht vollständig und nicht hundertprozentig korrekt ist, aber die Tendenz aufzeigt. Hier mit dem Augenmerk auf Rollenspiele, aber prinzipiell lässt sich das auch auf andere Genres übertragen. Einige Punkte gelten nicht für alle Spiele, aber sind dennoch typisch für westliche Spiele im Unterschied zu östlichen.

Westliche Spiele 

  • individuelle, umfangreiche, langsame Charakterentwicklung
  • freie Charaktergenerierung
  • wählbare Fähigkeiten
  • Charakterentwicklung beeinflusst Spielverlauf
  • große Entscheidungsfreiheit
  • offene, lebendige Welt
  • stark ausgearbeitete Welt und Umgebung mit vielen Interaktionsmöglichkeiten
  • nichtlinear
  • viele optionale Nebenquests mit eigener Geschichte, die den Hauptcharakter oder die Hauptquest nicht unbedingt betrifft
  • Aufleveln wird durch Geschichten und Entscheidungsmöglichkeiten interessanter
  • realistischere Grafik (Proportionen und Farbe)
  • mittelalterliche Fantasywelt
  • düstere Atmosphäre
  • Spieler ist Schöpfer seiner eigenen Geschichte (deshalb wenige vorgegebene und viele wählbare Eigenschaften)
  • Alter der Hauptcharaktere bewegt sich in einem größeren Spektrum (zwischen jung und alt)
  • komplexes Fähigkeitensystem (Pen&Paper-Vergangenheit)
  • komplexe Steuerung (Maus+Tastatur)
  • für Computer ausgelegt
  • geringere Relevanz der Nebenfiguren
  • große Eigensinnigkeit der NPCs; sie müssen nichts mit dem Spielercharakter zu tun haben und gehen ihre eigenen Wege (Realismus)
  • natürliche Hindernisse lenken die Handlung (Stärke von Gegnern, Zugangsbeschränkungen, Zeitlimit)
  • realistischere Hintergrundgeschichte (z.B. keine Weltrettung im Alleingang, sondern im Rahmen einer größeren Handlung)
  • Third-Person-Perspektive / Isometrische Perspektive / Egoperspektive
  • Spielverlauf und Kampf werden nicht perspektivisch getrennt
  • Echtzeit-Kämpfe
  • Anspruch an kreatives Denken des Spielers zur Problemlösung (z.B. in offener Welt die richtigen Entscheidungen treffen, um zum Ziel zu gelangen)
  • schwierigerer Einstieg mit Orientierungsphase, der eine Einführung in die Spielmechanik erfordert
  • aktives Eingreifen in die Spielwelt
  • Das Steuern des Charakters und die Interaktionen mit der Spielwelt werden untermalt mit den Geschichten der Quests
  • hoher Wiederspielwert (Entscheidungsfreiheit, Klassenwahl, Gut/Böse, Lösungswege, unterschiedliches Ende, neue Nebenquests)
  • Möglichkeit von Spieler-Mods durch Verfügbarkeit eines Editor-Programms
  • Beispiele: Gothic, The Elder Scrolls, Dungeons & Dragons Computerspiele (Baldur's Gate, Neverwinter Nights, ...)
  • Spieler verschmilzt mit Spielfigur und identifiziert sich mit ihr (Avatar)
  • Spielwelt ist Schauplatz der Haupthandlung, aber nicht an sie gebunden
  • langsamere Entfaltung der Haupthandlung
  • unterschwellige Begleitmusik, die die Stimmung tragen soll, aber nicht penetrant vorschreibt

 

Östliche Spiele

  • langes, repetitives, monotones Leveln und Sammeln (z.B. Asia-Grinder) mit wenig Einfluss auf die Charaktereigenschaften
  • dem Spieler wird eine Geschichte erzählt, ähnlich wie ein interaktiver Film
  • passives, rezeptives Spielerlebnis 
  • geringe Anforderungen an kreatives Denken
  • wenig Entscheidungsfreiheit (außer der Waffenwahl)
  • wenige Nebenquests
  • vorgegebene Charaktereigenschaften, die dem Spieler im Laufe der Geschichte erzählt werden
  • automatische Charakterentwicklung auf Basis vorgegebener Fähigkeiten
  • eher bunte Grafik bis zu sehr bunter Comic-Grafik
  • unrealistische bis surreale Proportionen
  • Fantasywelt mit sehr wenig mittelalterlichem Bezug (nur äußerlich: Schwerter, Rüstung)
  • für Konsolen ausgelegt
  • simple Steuerung (Gamepad)
  • linearer Spielverlauf (durch künstliche Hindernisse beschränkt)
  • wichtige Nebencharaktere werden intensiver dargestellt, bis die Grenzen zum Hauptcharakter nahezu verschwimmen
  • NPCs existieren nur, um sich vom Spieler ansprechen zu lassen und ihm zu helfen oder ihn zu behindern. Sie scheinen kein eigenes Leben zu führen.
  • Spielverlauf in Vogelperspektive
  • rundenbasiertes Kampfsystem mit eigener Perspektive
  • aufwendige Zwischensequenzen
  • meist junge Hauptcharaktere (< 25)
  • leichter Einstieg
  • viele Minigames
  • Spielerlebnis ist wie eine Geschichte, die mit spielerischen Elementen untermalt wurde
  • geringer Wiederspielwert (linear, vorgefertigte Geschichte)
  • Spieler baut emotionale Beziehung zur Spielfigur als Gegenüber auf
  • viele komische/absurde Spielelemente zur Unterhaltung und Unterstützung der fröhlichen Atmosphäre
  • Spielwelt ist stark an Haupthandlung gebunden (Welt wurde für die Geschichte erschaffen, anstatt dass die Geschichte in der Welt spielt)
  • intensiv hervortretende orts- und ereignisgebundene Begleitmusik

Das waren die typischen Charakteristika von westlichen und östlichen Rollenspielen. Es gibt wahrscheinlich kein Spiel, das alle diese Elemente in sich vereint. Im Großen und Ganzen sollte das aber einen guten Überblick bieten und es ermöglichen, diese Spiele zu unterscheiden. 
Woher kommen diese Unterschiede? Asiatische Spiele haben sich ursprünglich aus westlichen entwickelt, aber wurden - wie auch die westlichen - durch die kulturelle Herkunft der Entwickler geprägt. In Asien herrscht eher eine kollektivistische Denkweise, während der Westen individualistisch geprägt ist. Ein Ausdruck davon ist die östliche Schamkultur und die westliche Schuldkultur. In einer Schamkultur werden die Handlungen von der Angst vor Bloßstellung und Kritik durch andere geleitet. In der Schuldkultur regiert das innere Gewissen und die Verantwortung vor sich selbst (oder früher Gott). Vereinfacht gesagt lassen sich einige der oben genannten Punkte auf diese kulturellen Unterschiede zurückführen.

Videos



Links

Multimediaxis: Westliche Rollenspiele
Wikipedia: Westliche Rollenspiele