Mittwoch, 19. März 2014

Volksentscheide und die direkte Demokratie

Das Thema Volksentscheide war kürzlich bei der Entscheidung der Schweizer für eine Zuwanderungsbeschränkung aktuell. Auch auf der Krim wird von Russland eine Voksabstimmung über die russische Annexion vorbereitet.

Volksentscheide erscheinen als Mittel, den wahren Willen des Volkes politisch durchzusetzen. Warum basiert unsere Demokratie dann nicht auf ihnen? Weil die Mächtigen das Volk unterdrücken wollen? Ist die Sache so einfach?

Die Gründer der Bundesrepublik Deutschland hatten die Möglichkeit, eine direkte Demokratie als Herrschaftsform zu etablieren. Sie haben sich aufgrund schlechter Erfahrungen (Beispiel Weimarer Republik) bewusst dagegen entschieden. In einer direkten Demokratie werden die Entscheidungen über Volksentscheide getroffen. Das sieht auf den ersten Blick so aus, als wäre das die demokratischste aller Möglichkeiten. Es hat jedoch schwerwiegende Nachteile.

Volksentscheide brauchen viel Zeit. Ein Staat, der darauf basiert, ist schwerfällig und braucht zu lange, um Entscheidungen zu treffen. Häufig muss so schnell gehandelt werden, dass das einfach nicht mehr möglich ist. Je größer das Land, je mehr Einwohner es hat, desto teurer und schwieriger wird es.

Ein weiteres Argument gegen Volksentscheide ist, dass es dadurch antidemokratischen Gruppen oder Diktatoren ermöglicht wird, an die Macht zu kommen. Die direkte Demokratie ist also nicht wehrhaft. Dazu ein Zitat:

"Wir gehen in den Reichstag hinein, um uns im Waffenarsenal der Demokratie mit deren eigenen Waffen zu versorgen. Wir werden Reichstagsabgeordnete, um die Weimarer Gesinnung mit ihrer eigenen Unterstützung lahm zu legen. Wenn die Demokratie so dumm ist, uns für diesen Bärendienst Freikarten und Diäten zu geben, so ist das ihre eigene Sache. Wir zerbrechen uns darüber nicht den Kopf. Uns ist jedes gesetzliche Mittel recht, den Zustand von heute zu revolutionieren."
("Völkischer Beobachter" vom 30. April 1928, Joseph Goebbels)

Ein Volksentscheid ist direkt von der aktuellen Stimmung in der Bevölkerung abhängig. Das ist eine große Gefahr, weil die Entscheidungen dadurch von aktuellen Medienberichten beeinflusst werden. Wenn jedoch gewählte Vertreter die Entscheidungen treffen, kann sichergestellt werden, dass dies unter sorgfältiger Abwägung und Beteiligung von Fachleuten und Experten geschieht.

Direkte Demokratie und Volksentscheide können in manchen Fällen sinnvoll sein. Die Schwerfälligkeit der direkten Demokratie ließe sich möglicherweise durch EDV-Lösungen reduzieren. Häufig geht es in der Politik aber um Entscheidungen, die viel Fachwissen erfordern, das der Mehrheit der Wähler abgeht. In diesen Fällen erscheint es wenig ratsam, Menschen bedeutende Entscheidungen treffen zu lassen, deren Auswirkungen sie noch gar nicht überblicken.